Tisch 2 – Fast Fashion Kritik

Fast Fashion ist englisch und heißt auf deutsch Schnelle Mode. Es beschreibt ein Prinzip, in dem Bekleidungsmoden sich rasend schnell ändern und zudem immer billiger werden. Dabei wird nur ein Bruchteil davon überhaupt noch verkauft. Der Rest wird recycelt oder verbrannt. Eine unfassbare Verschwendung. Wie kann das gehen, wenn doch die Herstellung von Textilien nach wie vor Handarbeit und damit unglaublich aufwendig ist? Wer bezahlt den wahren Preis?

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Badehose von Esprit, seziert

Herkunft: privat

Material: 100% Polyester

Diese Badehose besteht aus 22 Einzelteilen und ungezählten Fäden für die Nähte. Das Sezieren, also Auseinandernehmen, hat fast vier Stunden gedauert. 

Hier wird ersichtlich, wie aufwendig und handwerklich versiert das Kleidungsstück gefertigt wurde. Trotzdem muss die Badehose Fast Fashion zugeordnet werden. Denn mit circa 30€ kann der Preis den Rohstoffen und den vielen Produktionsschritten nicht gerecht werden. 

Ideen zum Selberforschen:

Nehmt euch ein Kleidungsstück (vielleicht eines, dass schon zu kaputt ist, um es weiterhin anzuziehen).

Trennt vorsichtig alle Nähte mit einem Nahttrenner auf.

Sammelt alle Einzelteile.

Wie lange hat der Prozess des Auftrennens gedauert?

Trefft eine Person, die das Schneiderhandwerk gelernt hat. Fragt sie, wie lange es dauert, eines eurer Kleidungsstücke zu fertigen. Wieviel würde das Kleidungsstück kosten?

Für Fortgeschrittene:

Versucht die Teile wieder zusammenzunähen. 

Versucht ein neues Teil aus den Einzelteilen zu nähen. 

Wieviel würde es kosten?

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Lavinia Muth

Lavinia ist Aktivistin im Bereich der textilen Nachhaltigkeit. Sie berät Firmen, die versuchen faire Mode zu machen. Sie hinterfragt die Lieferketten kritisch und reist dafür um die ganze Welt. Ihre Erkenntnisse veröffentlicht sie regelmäßig auf ihrer Webseite und im Newsletter The Crisps (zusammen mit Tanita Hecking auf englisch).

Meldet euch hier bei Lavinia, wenn ihr Fragen zur Modeindustrie und zu Alternativen habt.

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Münzen und Geldscheine in Euro

Auf dem Tisch liegt Geld. Das ist der aktuelle Mindestlohn für eine Person in der Textilfertigung pro Stunde in Deutschland (12,41 EUR) und Bangladesh (0,66 EUR). Bei einer 40-Stunden-Woche verdient eine Arbeiterin in Bangladesh im Monat 106 EUR. Das ist für die Menschen allerdings viel zu wenig. Die Miete für eine Wohnung zum Beispiel in der Stadt kostet rund 95 EUR. Da bleiben noch 11 EUR für den Rest zum Leben. 

Auch in anderen Ländern sind die Mindestlöhne und die Lebensbedingungen problematisch für die Arbeiter:innen. In Portugal sind es 4,01 EUR, in Polen 3,64 EUR, in Moldawien 0,88 EUR und in Brasilien 0,85 EUR. 

Auf der Webseite https://www.welt-preise.de/ kann man nachschauen, wie hoch die Kosten für Miete, Nahrung, Bekleidung beispielsweise in Portugal sind. Und man wird feststellen, dass all diese Mindestlöhne zu niedrig für ein gutes Leben sind. 

In 5 Ländern der EU, nämlich Italien, Dänemark, Österreich, Schweden und Finnland, gibt es keinen gesetzlich geregelten Mindestlohn. 

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Globus

Der Globus ist ein Modell der Erde. Rund um den Planeten und über alle Kontinente hinweg verlaufen die Transportwege für Textilien. Diese Praxis ist zu einem weltweiten Problem für Menschen und Umwelt geworden. 

Baumwolle für die Herstellung eines T-Shirts oder einer Jeans, wächst beispielsweise in China, Indien oder Usbekistan. Von dort wird sie zum Spinnen, Weben oder Stricken, zum Beispiel nach Indien transportiert. Weiter geht die Reise zum Färben nach Indonesien. Dann reist sie nach Bangladesh, Pakistan oder in die Türkei, wo aus den Stoffen T-Shirts und Jeans genäht werden. Erst dann gelangen die Kleidungsstücke nach Deutschland in den Laden. Sie reisen mit Containerschiffen oder Flugzeugen. Dieser weltweite Textiltourismus ist ein ökologisches Desaster.

Zu den Stationen auf der Weltreise unserer Kleidung sind nur unzureichende Informationen vorhanden. Verlässliche Gesetzgebungen zum Schutz der Umwelt, des Klimas und der Menschenrechte gibt es kaum. So passiert es leider zu oft, dass Menschenrechte und Umweltschutz nicht eingehalten werden.

Bei faircademy könnt Ihr ganz tief ins Thema einsteigen und Kurse zu den Themen Mode und Menschenrechte belegen!

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Bibliothek

Leute machen Kleider

Imke Müller-Hellmann

Das Buch ist ein Selbstversuch: Imke Müller-Hellmann geht den Einzelteilen ihres Outfits nach, angefangen von der Unterhose bis zur Mütze. Dafür schreibt sie E-Mails, telefoniert und fährt nach Bangladesh, Portugal und China, um herauszufinden, wer die Kleidung herstellt. All das mit einer bewundernswerten Konsequenz und Beharrlichkeit. Entstanden ist eine hochinteressante Reportage, die die Komplexität der Textilproduktion und ihre Intransparenz offenlegt. Dabei wird klar, dass die Intransparenz gewollt ist, um ein höchst ungerechtes System zu verschleiern. 

Das Ende des Kapitalismus

Ulrike Herrmann

Ulrike Herrmann erklärt zuallererst die Entstehung des Kapitalismus und beschreibt dabei sehr anschaulich, was die Textilindustrie damit zu tun hat: nämlich alles, denn hier fing es an. Auch zeigt es noch einmal, wie verwoben unsere Welt mit dem Textilen ist. Ungezügeltes Wachstum generell, so wie auch der Textilindustrie, ist die Hauptursache für Klimakollaps und soziale Ungerechtigkeit. Wir finden Ulrike Herrmanns Theorie interessant, dass wir uns in Zukunft durchaus beschränken müssen, aber in einem Maße, das nichts mit schmerzlichem Verzicht zu tun hat. Sie sagt, wenn wir uns auf den westlichen Standard von 1973 beschränken, könnten wir die 1,5 bzw. 2,0°C-Ziele erreichen.

Fast Fashion – Ausstellungskatalog

Der Katalog erschien anlässlich der gleichnamigen Ausstellung 2015. Er beleuchtet detailliert die Schattenseiten der Fast Fashion: zu niedrige Löhne, Menschenrechtsverletzungen, enorme Transportwege und deren Klimafolgen. 

Small is beautiful

Ernst F. Schumacher

Ungesteuertes Wachstum ist immer der Effizienz verpflichtet. Und Effizienz zerstört durch Monokulturen und Monopolisierung nicht nur die Biodiversität sondern auch die textile Diversität. Bereits 1972 erschien Ernst F. Schumachers Kritik am Wachstum der Ökonomie. Er plädiert für eine Rückkehr zum menschlichen Maß. Wir auch!

Earth for ALL

Club of Rom

Der Club of Rome ist eine Gruppe von Expert:innen verschiedener Disziplinen aus mehr als 30 Ländern. Bereits 1972 verfassten sie „Die Grenzen des Wachstums“, in dem sie aufzeigten, dass die Menschheit nicht mehr so wirtschaften kann, wie sie es bislang tat, ohne sie kolossal zu überlasten. 50 Jahre später gibt es einen neuen düsteren Bericht über den Zustand der Erde, jedoch angereichert mit konstruktiven Ideen und Empfehlungen für die Zukunft. Einfach befolgen und die Erde lebenswert erhalten! 

Down to Earth. Entwürfe für eine Kultur der Nachhaltigkeit

Thomas Oberender

In diesem Buch, werden verschiedene Projekte vereint. Wir lesen gern im Buch. Es spendet Zuversicht. Unter anderem haben wir so das Konzept Weltacker entdecken dürfen. Danke an Spector für die ästhetisch ansprechende Aufmachung.  

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HUMAN TOUCH

Das Wesentliche steckt im Namen: Heute und in absehbarer Zukunft wird jedes Kleidungsstück weltweit von Menschenhand genäht.

Versucht euch das Unsichtbare vorzustellen: die Fingerabdrücke von Schneider:innen, Bekleidungsarbeiter:innen und Maschinist:innen auf jedem Kleidungsstück, das ihr tragt.

Mit der Technik des Farbnähens wird die menschliche Arbeit, die für die Herstellung von Kleidung unerlässlich ist, auf dem Kleidungsstück sichtbar.

Jedes Kleidungsstück weist ein einzigartiges Muster auf, das durch die Handhabung während des Nähvorgangs entsteht. Alle HUMAN TOUCH-Artikel werden auf Bestellung in Berlin gefertigt. Die Textilfarbe wird auf der Faser fixiert, damit sie regelmäßig getragen und gepflegt werden kann. Neben ihren Entwürfen demonstriert das HUMAN TOUCH-Team den Prozess mit Live-Nähvorführungen.

Gegründet von Juliet Seger als Projekt im Jahr 2020, startet HUMAN TOUCH nun als eigenständige Modemarke in Zusammenarbeit mit ihrer Freundin und Geschäftspartnerin Christina Albrecht.

Juliet Seger ist Schneiderin, Bekleidungsingenieurin, Nachhaltigkeitsdesignerin und Künstlerin. Christina Albrecht ist Modedesignerin, Schnittmacherin, Stylistin und Art Director.

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Jeans

Marke: Levis 501

Herkunft: privat

Material: Baumwolle

Jede Person auf dem Globus hat mindestens eine Jeans. Studien zufolge heißt es: „2008 trugen die Menschen weltweit an dreieinhalb Tagen der Woche Jeans.“ (Kassia St. Clair, Die Welt der Stoffe, S.210)

Die Jeans ist das mit Abstand schmutzigste Kleidungsstück der Welt. Bei ihrer Herstellung werden massiv viele Gifte eingesetzt. Viele Arbeiter:innen erkranken aufgrund dessen und der Zustände in den Fabriken. Aber auch den Menschen, die die Jeans am Ende kaufen, können die Reste der Gifte noch schaden. 

Das unabhängige Recherchenetzwerk Flip hat eine sehr fundierte Zusammenfassung über die Probleme bei der Herstellung von Jeans verfasst. Wenn ihr euch nun fragt, welche Jeans ihr überhaupt noch kaufen könnt, findet ihr dort auch einige Vorschläge.

Am allerbesten ist es jedoch, ihr kauft keine neue Jeans, sondern findet eine Hose in einem Second Hand Laden. Oder ihr übernehmt die noch gute Jeans älterer Geschwister oder Freund:innen. Kaputte Stellen können dabei sogar die Einzigartigkeit der Hose unterstreichen, indem ihr sie so lasst oder fantasievoll repariert. Oder schaut doch mal auf der Webseite Jeansdinge herum und lasst Euch inspirieren!

Ihr könnt uns für einen Vortrag zum Thema Jeans buchen. Wir sprechen 1,5 Stunden über Denim und alle möglichen Informationen rund um die Jeans. Ihr trennt nebenbei ein Paar Jeans auf um besser zu verstehen, was “Jeans” überhaupt bedeutet!

Das Social Business Bridge & Tunnel aus Hamburg nutzt hauptsächlich getragene, nicht mehr tragbare Jeans um Upcyclingprodukte herzustellen. Das Team besteht aus Mitarbeiter:innen die entweder keine Zeugnisse haben oder hatten – bedingt durch ihr Alter, ihre Sprache, ihre Religion, ihre Gehörlosigkeit oder ihre Fluchtgeschichte. Das führte  bislang zu Schwierigkeiten, auf dem ersten Arbeitsmarkt einen Job zu finden. Bei Bridge & Tunnel gilt: Talents over diploma! Finden wir tipptopp.

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Das Gehirn – Tiefenwissen

Lieferkettengesetz

Das Lieferkettengesetz soll die Menschen und die Umwelt entlang der Lieferkette schützen. Wenn einer der Betriebe die Menschenrechte oder den Umweltschutz nicht achtet, ist das Lieferkettengesetz ein Mittel, sie in die Verantwortung zu nehmen. 

Wie in diesem Kapitel mehrfach beschrieben, werden Textilien in unterschiedlichen Ländern teilweise unter unzumutbaren Bedingungen produziert. Das deutsche Gesetz allerdings ist eher schwach, denn es gilt nur für große Firmen mit über 1000 Beschfätigten. Viele Betriebe in der textilen Lieferkette beschäftigen aber wenige 100 Personen und fallen somit nicht unter das Gesetz. 

Hier sollte nun vor allem das europäische Lieferkettengesetz zum Tragen kommen. Doch bei der Verabschiedung des Gesetzes im EU-Parlament enthielt sich Deutschland und hat damit einem Beschluss entgegengewirkt. 

Das ist schlimm für die Menschen, die unter unwürdigen Bedingungen arbeiten müssen und nun weiterhin unter keinem rechtlichen Schutz stehen. https://lieferkettengesetz.de/fallbeispiel/untragbare-zustande/

Die Initiative Lieferkettengesetz ist ein Bündnis aus mehr als 140 zivilgesellschaftlichen Organisationen.

Sie hat sich im September 2019 gegründet, um für ein deutsches Lieferkettengesetz zu kämpfen. Aufgrund des Widerstands der Wirtschaftslobby hat es aber leider große Schwächen und Lücken. Deshalb brauchen wir ein umso stärkeres EU-Lieferkettengesetz, das europaweit verpflichtende Menschenrechts- und Umweltstandards für Unternehmen schafft. Dafür setzt sich die Initiative ein.

FEMNET e.V.

Der Verein macht sich stark für Menschenrechte, insbesondere für Frauen in der Textilindustrie. Die Aktivist:innen bilden in Workshops, entwickeln Kampagnen und engagieren sich politisch für Gerechtigkeit. Sie setzen sich für ein starkes EU-Lieferkettengesetz ein.

https://femnet.de/fuer-frauenrechte/unsere-themen/unternehmensverantwortung-csr-lieferkettengesetz.html

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use-less

Webseite des Forschungsprojekts und der Ausstellung

Studierende des Fachbereichs Modedesign der Hochschule Hannover und ihre Professorin Martina Glomb forschen seit einigen Jahren zu Mode. Sie wollen herausfinden, wie Mode fair und nachhaltig sein kann. Sie zeigen Wege, welche Alternativen es zum Konsum von Fast Fashion gibt.

Dazu gibt es eine umfangreiche Wanderausstellung mit dem Titel “Slow Fashion gegen Verschwendung und hässliche Kleidung“. Bis heute finden viele Veranstaltungen zu dem Thema statt. Ihr findet hier Informationen dazu.

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Kompostiertes T-Shirt von H&M

Forschung und Fotodokumentation von Heike Derwanz, 2019-2021

Am Institut für Materielle Kultur der Universität Oldenburg führte die Professorin Heike Derwanz das Forschungsprojekt “Kompostexperimente” durch. Dabei vergrub sie verschiedene Kleidungsstücke im Komposthaufen. Sie wollte herausfinden, ob und wie sich die Textilien in der Erde zersetzen. 

Nachdem Textilien weggeschmissen werden, landen viele von ihnen auf Müllkippen. Längst ist klar, dass dies ein riesiges ökologisches Problem darstellt, denn viele Kleidungsstücke sind aus Fasern aus Erdöl gefertigt, sogenannten Kunstfasern wie Polyester oder Acryl. Die Fasern geben Mikroplastik ab, dieses gelangt in den Boden und die Gewässer und verschmutzt diese. 

Das T-Shirt auf dem Foto bestand hauptsächlich aus Baumwolle. Es wurde von Heike von Dezember 2020 bis Mai 2021 im Kompost vergraben. Es ist gut erkennbar, dass sich die Naturfaser fast gänzlich zersetzt hat. Die Nähte bestehen offenbar aus Kunstfasern und sind noch gut sichtbar. Sie haben sich nicht zersetzt.

Heike Derwanz und ihr Team forschten mehrere Jahre dazu, wie wir mit Mode nachhaltiger umgehen können. Dabei ist eine Online Ausstellung entstanden. Sie geht der Frage auf den Grund: Was ist genug? 

Wir haben im September 2023 mit Schüler:innen der Grundschule Borna ein ähnliches Experiment durchgeführt. Wir erforschten Kleidungsstücke, die wir zuvor auf der Straße in Leipzig gefunden hatten. Nach der Analyse der Kleidung schnitten die Kinder jeweils ein Stück aus den Textilien und begruben es im Schulgarten. Im März 2024 gruben sie sie wieder aus – mit folgenden Ergebnissen:

Leinen und Baumwolle zersetzten sich vollständig. Die Kunstfasern sind noch erhalten.

Probiert das Experiment doch auch einmal aus!
Nur aufgepasst: An der Stelle, wo die Kunstfasern vergraben waren, sollte danach kein Gemüse angebaut werden. Heike Derwanz und ihre Kollegin Svenja Jessen schlagen vor, für den Versuch Kompost in Gläser zu füllen und die Erde danach zu entsorgen.

Auch in der Schweiz fand in den letzten Jahren ein Experiment unter Anleitung von Forscher:innen der Uni Zürich und dem Agroscope Institut statt. 1000 Menschen vergruben 2000 Biobaumwollunterhosen um die Bodengesundheit zu testen. 

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Haufen Altkleider

Herkunft: Tauschladen Telemannstraße in Leipzig

Material: verschiedene Materialien (Baumwolle, Polyester, Wolle u.a.)

Dieser Haufen alter Textilien steht für den Überfluss an Bekleidung. Es ist so viel Bekleidung vorhanden und billig zu kaufen, dass vieles davon im Container für Altkleider landet. Zum Teil werden Textilien recycelt. Dafür gibt es eine weltweite Industrie. So gelangen viele Tonnen Bekleidung zum Beispiel nach Indien. Dort werden die Textilien auseinander geschnitten. Dies ist besonders merkwürdig, denn der Ursprung vieler Textilien liegt in Indien. Eine Reise einmal um die ganze Welt, nur damit wir immer wieder neue Teile im Schrank haben.

Die Dokumentation UNRAVEL hält uns den Spiegel vor. „Wenn die Menschen im Westen ihre Kleidung wegwerfen, machen sich die ausrangierten Kleidungsstücke oft auf den Weg nach Osten, über die Ozeane hinweg, in das industrielle Hinterland Indiens. Vom westindischen Distrikt Kutch bis zur nordindischen Stadt Panipat verarbeiten Kleiderverwerter:innen die riesigen Kleiderballen, die von Menschen und Orten stammen, die ihnen völlig fremd sind, zu Garn. Da sie außer dem Discovery Channel nur wenig mit der westlichen Kultur in Berührung kommen, verlassen sich die Kleiderverwerter:innen auf ihre Vorstellungskraft und die Gerüchte, die mit den ausrangierten Kleidungsstücken reisen, um eine faszinierende Perspektive auf den Westen zu schaffen.“

Wie fühlt ihr euch nach dem Sehen des Filmes?
Welche Gedanken gehen euch durch den Kopf?
Kommt in ein Gespräch!
Und lasst uns über den Sinn oder Unsinn dieser Realität nachdenken und schauen, wie wir daran etwas ändern können!

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The True Cost

Dokumentarfilm

USA, 2015

DVD

Anlass des Filmes ist der Einsturz der Rana-Plaza-Textilfabrik in Bangladesh 2013. Bei diesem Unglück kamen mehr als 1000 Menschen ums Leben. In der Fabrik wurden auch Kleidungsstücke für Primark, C&A oder Mango gefertigt.

Bis heute steht Rana Plaza für die Unmenschlichkeit der Textilbranche weltweit. Im Film begleiten wir eine Textilarbeiterin in Bangladesh. Wir lernen ihren Arbeitsalltag und ihre Lebensumstände kennen. Gleichzeitig erhalten wir Einblicke in die Methoden der großen Modekonzerne, die nur darauf abzielen, möglichst viel Gewinn zu machen, und dafür Umweltverschmutzungen und Menschenleben in Kauf nehmen. Wir erfahren, wer den den wahren Preis (engl. the true cost) für billige Mode zahlt – die Menschen in den Produktionsländern und die zerstörte Natur.

Der Film zeigt auch Alternativen auf. Er bringt uns zum Nachdenken über unseren Konsum. 

Bekannte Aktivistinnen wie Vandana Shiva kommen zu Wort.

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Papiertüte der Marke Primark

Herkunft: gefunden

Material: Papier

Der Tüte nach zu urteilen, könnte man meinen, Primark ist ein ökologisch verantwortungsvolles Unternehmen. Marken, die Produkte in braune Papiertüten packen, möchten ökologisch wirken, da keine Bleichmittel bei der Tütenproduktion zum Einsatz gekommen sind, es sich um Recyclingpapier handeln könnte. Das ist Greenwashing.

Primark ist eine Fast Fashion Modemarke. Fast Fashion ist englisch (sprich: fast fäschn) und bedeutet übersetzt “schnelle Mode”. Das Geschäftsmodell beruht darauf, dass Modetrends sehr schnell aufgegriffen und umgesetzt werden. Die Kollektionen wechseln im Wochentakt. Das ist nur möglich, weil die Firmen die Kleidung für wenig Geld produzieren lassen. Und das bedeutet, dass die Arbeiter:innen sehr wenig Geld für die Fertigung der Kleidung bekommen. Oftmals leidet die Qualität darunter, weil alles sehr schnell fertig werden muss. So kommt es, dass ein T-Shirt nur 5€ kostet.

Bei Ultra Fast Fashion geht alles noch schneller. Marken wie Shein, Temu oder Asos gehören dazu. Die Kleidung wird ausschließlich über Online-Shops oder Apps vertrieben. Ultra Fast Fashion ist noch billiger als Fast Fashion – mit katastrophalen Auswirkungen auf die Umwelt, die Gesundheit und die Menschenrechte. 

IDEE

Besucht doch einmal den Primark-Store in eurer Nähe. Sucht Euch ein Kleidungsstück aus und untersucht es ganz genau:

Wie sieht es aus?

Wie fühlt es sich an?

Wie riecht es?

In welcher Umgebung befindet es sich?

Wieviel kostet es?

Woraus ist es gefertigt?

Wo wurde es hergestellt?

Würdet ihr es kaufen? Warum?

Was würdet ihr gern über das Kleidungsstück wissen? Wen könnte man dazu befragen?

Entscheidet ihr euch für das Kleidungsstück, dann folgt den Grundsätzen von Orsola de Castro! Sie ist Mitbegründerin von Fashion Revolution und Kreativdirektorin von Estethica und hat das wunderbare Buch Loved Clothes Last geschrieben.

Denkt immer daran, dass dieses Stück ein Teil einer globalen Wertschöpfungskette ist. Dass viele Menschenhände nötig waren, es zu produzieren. Dass es einen Wert hat, den es zu schätzen gilt.

Ansonsten hängt es zurück und erfreut euch der Kleidung, die ihr bereits besitzt.